Sklaverei in Brasilien?

Obwohl ich nicht viel von Kirchen halte, gibt es selbst zwischen den kirchlichen "Würdenträgern" Menschen, die sich wirklich einsetzen, mehr als unser eins. Dazu gehört gewiss Erwin Kräutler, Bischof in einer konflicktreichen Gegend am Amazonas und Xingu.

Dieser Österreicher sagt, was Sache ist. Gerade habe ich das neue Buch von ihm in der Hand: "Lebenswelten und Problemfelder in Amazonien heute". Wobei sich das Buch besser liest als der Titel. Es ist ein Vortrag von Kräutler, den er im Rahmen der Wiener Vorlesungen gehalten hat. Der Picus Verlag Wien hat den Vortrag in einem kleinen Band herausgeben.

Sklaverei heute in Brasilien? Wenn ich hierüber etwas lese, bin ich doch sehr skeptisch. Greenpeace verbreitet es, aber dennoch, mir scheint Sklaverei nun wirlich nicht mehr ins 21. Jahrhundert zu passen. Wird da nicht wohl doch übertrieben? Der Begriff Sklaverei gewählt, um mehr Aufmerksamkeit in den Medien zu erreichen? Bischof Kräutler muss es wissen und er bestätigt es: Sklaverei, Unterjochung von Menschen, Leibeigenschaft - in Brasilien existiert dies heute noch. Zwar hat Prinzessin Isabel am 13 Mai 1888 die Sklaverei offiziell abgeschafft. Aber kein Gesetz, keine Konvention oder Internationale Erklärung haben bisher ein Ende der Missachtung jeglicher Menschenrechte, der Knechtschaft, der Leibeigenschaft, der Zwangsarbeit, der häuslichen Versklavung und der damit verbundenen sexuellen Ausbeutung bewirkt, schreibt der Bischof.

Wie passen die Bilder von der Copacapana in Rio und die Versklavung von Menschen im Amazonas zusammen? Brasilien ist offenbar ein Land unvorstellbarer Gegensätze.

Das brasilianische Ministerium für Arbeit und Beschäftigung gibt die Zahl der Arbeiter unter Bedingungen der Sklaverei mit 25.000 an. Die Kommission für Landpastoral, CPT, vermutet daneben eine Dunkelziffer von 20.000 missachteten Rechtlosen.

"Einmal in diesem menschenverachtenden Teufelskreis der Sklaverei gefangen, gibt es aus eigener Kraft kaum ein Entrinnen", sagt der Bischof vom Amazonas. Die Armut habe diese Menschen von Geburt an begleitet, uns so erliegen sie leicht den haltlosen Versprechen des so geannten Gato, der für sienen Patron Arbeitskräfte anwirbt. Meist begibt er sich dazu in einen anderen Bundesstaat, vor allem in den Nordosten. Mit steigender Entfernung sinke dann die Gefahr der Flucht. Das Lügengeflecht des Gato werde nicht durchschaut, denn für die Familie gibt es sogar einen "Vorschuss". Zu dem Zeitpunkt ahne noch niemand, dass dies der erste Eintrag ins Schuldbuch sei.

Die ersehnte Beschäftigung bedeute dann Schwerstarbeit auf Zuckerrohrfeldern, in Destillerien oder Köhlereien, bei der Waldrodung, auf Plantagen oder in Fabriken. Die Kosten für erforderliche Arbeitsgeräte oder Werkzeuge werden von einem fiktiven Lohn einbehalten. Zudem wird ein Betrag für die karge Verpflegung und die Unterkunft, die nicht einmal den Namen Baracke verdient, eingezogen. Das bedeutet ein weiteres Ansteigen der Schuld. "Es gibt kein Entkommen aus dieser Leibeigenschaft", ist der Bischof überzeugt.

Brasilien will mit einem nationalen Plan nun die Sklaverei endgültig abschaffen. Noch in diesem Jahr soll das Vorhaben Wirklichkeit werden, und alle Menschen aus der Sklaverei und Schuldknechtschaft befreit werden. Hoffen, wir, dass es der Regierung gelingt, sich gegen die Wirtschaftsinteressen durchzusetzen und der Unwürdigkeit ein Ende zu machen.

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