Urwaldschutzgesetz abgelehnt

19.10.06 - Der Bundestag hat heute mehrheitlich ein nationales Urwaldschutzgesetz abgelehnt. Der Gesetzesantrag der Grünen sah vor, den Besitz und den Handel von Holzprodukten aus Urwaldzerstoerung, die nach Deutschland importiert werden, zu verbieten und zu kontrollieren.

Statt den Handel von illegal geschlagenem Holz durch ein nationales Gesetz zu stoppen, verweisen die Regierungsparteien auf ein freiwilliges Partnerschaftsabkommen der EU, FLEGT (Forest Law Enforcement, Governance and Trade). "FLEGT arbeitet im Schneckentempo, während die letzten Urwälder mit Lichtgeschwindigkeit vernichtet werden", betont Dr. Sandra Altherr von PRO WILDLIFE. "Ein deutsches Urwaldschutzgesetz könnte dagegen sofort gegen den illegalen Holzhandel vorgehen."

Im Dezember 2005 verabschiedete die EU die "FLEGT"-Resolution 2173/2005, um dem illegalen Raubbau an Urwäldern entgegenzutreten. Die gut gemeinte Initiative ist völlig unzureichend: Geplant sind lediglich "freiwillige Partnerschaftsabkommen" mit nur fünf Ländern: Kamerun, Indonesien, Malaysia, Republik Kongo und Ghana. Zehn Monate nach Inkrafttreten der EU-FLEGT-Resolution gibt es lediglich mit drei Ländern inoffizielle Vorverhandlungen, mit den anderen beiden wurde nicht einmal dieses Stadium erreicht. Für Holzexporte anderer Länder sollen die EU-Tore offen bleiben, obwohl z.B. die Holzexporte aus Brasilien, Peru und Kambodscha bis zu 90% aus illegalem Einschlag stammen.

Unter der rot-grünen Bundesregierung hatte das Umweltministerium ein nationales Urwaldschutzgesetz entworfen, das einen Legalitätsnachweis für Holz verlangt und ein Besitz- und Vermarktungsverbot für illegal geschlagene Hölzer vorsieht. Die vorgezogenen Neuwahlen 2005 verhinderten, dass der Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht wurde. Bündnis 90/Die Grünen haben nun in einem Antrag die Bundesregierung aufgefordert, das Urwaldschutzgesetz zu verabschieden.

SPD und CDU/CSU sehen zwar ebenfalls Handlungsbedarf gegen die Rodung der letzten Urwälder, lehnen aber einen Alleingang Deutschlands ab. "Die Regierungsparteien verweisen auf die EU-FLEGT-Initiative als Lösungsansatz, obwohl sie wissen, wie lückenhaft und unverbindlich FLEGT ist", kritisiert Altherr.

"Auf die Schnecke Europa warten zu wollen, ist eine peinliche Ausrede. Damit wuerde die andauernde Urwaldzerstoerung weiterhin stillschweigend genehmigt", sagt Martin Kaiser, Waldexperte von Greenpeace. "Sowohl in den Herkunftslaendern, als auch in der EU und in Deutschland brauchen wir sofort ergaenzende rechtliche Grundlagen zum Kampf gegen die Urwaldzerstoerung."

Die Naturschützer sehen dringenden Korrekturbedarf: Statt der bislang freiwilligen FLEGT-Absprachen sollte eine verbindliche Teilnahme aller Exportstaaten Voraussetzung für zukünftige Holzimporte sein. Für Länder, die nicht an FLEGT teilnehmen, soll die EU ihre Tore schließen. Statt individueller Verhandlungen einzelner EU-Mitgliedsstaaten mit ihren Partnerländern müssen einheitliche, strenge Kriterien an die Legalität des Holzeinschlags gestellt werden. Der gesamte FLEGT-Prozess braucht einen festen Zeitplan, damit die Verhandlungen zügig und zielführend abgeschlossen werden.

PRO WILDLIFE fordert die Bundesregierung auf, während der kommenden EU-Ratspräsidentschaft für die Nachbesserung von FLEGT zu sorgen. Parallel muss auch auf nationaler Ebene endlich gegen den Handel mit Hölzern aus Raubbau vorgegangen werden. Jedes EU-Mitgliedsland hat das Recht, strengere nationale Gesetzesinitiativen zu ergreifen. "Es kann nicht angehen, dass es in Deutschland noch immer legal ist, Holz aus illegalem Einschlag zu besitzen und zu handeln. Die Frage ist nicht ob FLEGT oder das Urwaldschutzgesetz - wir brauchen beide als gegenseitige Ergänzung", so die PRO WILDLIFE Sprecherin.

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